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Das Stilett: Eine Sache fürs Herz

Stilettos kennt man als spitze, lange Absätze von Damenschuhen, Stilettmesser hauptsächlich als Dolchmesser italienischer Art, mit denen Mitte des 20. Jahrhunderts fiese Straßenbanden ihre Opfer abzogen. Beides wurde hauptsächlich durchs Kino populär. Der Ursprung geriet darüber nahezu in Vergessenheit, dabei hat das echte, traditionelle Stilett eine lange Geschichte. Eine Geschichte, die zum Philosophieren anregt.

Ursprünge des Stiletts

Der Name Stilett geht auf das lateinische Wort Stylus für den metallenen Schreibstift oder Griffel zurück, das Wort Stiletto geht über das Italienische auf denselben Ursprung. Die Stichwaffe ähnelt einem Dolch, eignet sich aber ausschließlich zum Stechen und zielt hier vor allem auf das Herz. Die Klinge ist schlank und spitz, meist hat sie einen dreieckigen, gelegentlich auch einen viereckigen Querschnitt.

Die seinerzeit recht populäre Stichwaffe kam im frühen 16. Jahrhundert in Norditalien auf und ist unverkennbar mit den Parierdolchen verwandt. Im Vergleich zum Dolch ist das Stilett schlanker und kleiner, außerdem sind seine Parierstangen kurz und gerade. Sie sind kaum mehr als ein Dekorationselement, das dem Stilett die symbolreiche Form eines Kreuzes verleiht. Die Klinge ist sehr schmal und überhaupt nicht flexibel, die Spitze ist fein wie eine Nadel.

Die große Zeit des Stiletts waren die Jahre um 1600, etwa fünfzig Jahre später geriet es in Vergessenheit. Hierzu trug das Verbot der als heimtückisch angesehenen Waffe in vielen Städten bei. Allerdings konnte es leicht umgangen werden, weil das Stilett für verdecktes Führen geradezu wie gemacht erscheint.

Das Stilett als Gnadengeber

Einer der ursprünglichen Namen dieses aus Italien stammenden Messers lautete Misericordia (lat. Barmherzigkeit), im deutschen Sprachraum „Gnadengeber“ oder „Gnadgott“. Es diente unter anderem dazu, einen verwundeten Gegner auf dem Schlachtfeld durch einen chirurgisch präzisen Herzstich von seinem Leiden zu erlösen – in einer Zeit, die medizinisch nicht mit besonders viel aufwarten konnte, wenn jemand schwere Verletzungen hatte. Schon eine Beinamputation war äußerst schmerzhaft und machte den Menschen zum Krüppel. Vielfache schwere Verletzungen führten zu einem qualvollen Sterben. Das Stilett kürzte dieses Leiden ab.

Heimtückische Waffe

Ein weiterer Verwendungszweck war das Durchdringen des Kettenhemds, das einen relativ guten Schutz gegen Hieb- und Schnittwaffen bot. Die schlanke, spitze Klinge des Stiletts kam hier recht einfach hindurch. Sie hatte aber noch einen weiteren Vorteil, denn sie hinterließ keine größeren Spuren, war aber dennoch höchst wirkungsvoll und empfahl sich dadurch für den unehrenhaften, heimtückischen Mord. In Schillers Gedicht „Die Bürgschaft“ wird gleich zu Beginn beschrieben, wie ein „Dolch im Gewande“ als Werkzeug des Tyrannenkillers dient. Beim Attentat auf die österreichische Kaiserin Sisi erfüllte eine Feile den gleichen Zweck.

Das Stilett der Artilleristen

Doch auch die Artilleristen vergangener Zeiten trugen ein Stilett bei sich: Es diente möglicherweise als Verteidigungswaffe, ganz sicher jedoch zur Unbrauchbarmachung der Kanonen, falls diese in Feindeshand gelangen sollten. Dann nämlich sollte man es in das Zündloch rammen und die Klinge abbrechen. Auf diese Weise behandelt, konnte man mit der Kanone nur nach aufwendiger Nachbearbeitung wieder etwas anfangen.

Heutige Verwendung des Stiletts

Das Stilett ist für Kampfsportübungen nicht zu empfehlen, da es schon in ungeübter Hand zu einer gefährlichen Waffe wird und im Fechten dem Parierdolch technisch unterlegen ist. Es sind auch keine Verteidigungstechniken mit dieser reinen Angriffswaffe bekannt. Da bei Kampfsportarten keine heimtückischen Techniken, sondern offene Kampfformen geübt werden, findet sich dort keine Einsatzmöglichkeit für das Stilett.

Somit bleibt dem Sammler weniger der praktische Einsatz dieses traditionsreichen Messers. Dafür kann man sich mit diesen alten Stücken weit besser auf der philosophischen Ebene auseinandersetzen, denn bei keinem anderen Messer liegen Heimtücke und Barmherzigkeit so dicht beieinander wie beim Stilett.