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Musikus auf dem Mittelaltermarkt

Der Dudelsack – ein mittelalterliches Folterinstrument?

Für mich als Spielmann war damals nach den ersten Mittelaltermärkten schnell klar: Entweder Du wirst geliebt oder gehasst. Aber warum? Ich bin der Sache auf den Grund gegangen und habe einige einfache Tipps für jeden Musiker, der nicht zum Hassobjekt des Mittelaltermarktes werden möchte.

Kurz vorweg: Der Spielmann (oder die Spielfrau) braucht jubelndes Publikum! Das bekommt man tatsächlich recht schnell auf dem Mittelaltermarkt, da sind ja viele Leute, die Lust auf Unterhaltung haben. Der Schlüssel zum Erfolg ist es allerdings, die Lager, Händler, Versorger und alle zu überzeugen, die sich die Musik andauernd antun und dementsprechend Ansprüche an Euer Können haben.

Arten von Spielleuten

Zunächst gibt es die Spielleute, die noch recht neu in ihrem Metier sind. Hier seine (oder ihre) mögliche Perspektive:

„Ich höre jetzt seit so vielen Jahren Mittelaltermusik und habe endlich angefangen selbst welche zu machen, auf dem Mittelalterdudelsack, laut, versteht sich ja von selbst. Ich spiele schon ganze 3 Wochen und ich finde mein ‚Traubentritt‘ hört sich bombig an! Und das ‚Palästinalied‘ kann ich auch schon fast auswendig! Das wird auf dem Mittelaltermarkt alle aus den Steckstühlen hauen!“

Aus eigener Erfahrung kann ich Euch sagen – das klappt nicht. Ich habe genau das auch ausprobiert. Ich war mir sehr sicher, dass ich grandios performt habe und die Massen begeistert waren. Dennoch, auch heute noch gibt es Darsteller, die den Bogen ziehen, sobald ich auch nur den Markt betrete (mittlerweile unberechtigt wie ich finde, aber gut, die hören sich meine Musik seit damals ja freiwillig auch nicht mehr an).

Dann gibt es natürlich auch viele Musiker, die schon lange dabei sind:

„Ich spiele jetzt seit vielen Jahren auf meinem Dudelsack! Üben brauche ich nicht, es sind ja sowieso immer die gleichen 5 Lieder, die ich spiele. Stimmen? Ach, auf Mittelaltermärkten herrscht das Chaos-Prinzip! Das hört eh keiner. Auf geht’s!“

Leider hört man es doch …

Was sorgt also anscheinend für den Hass auf Musiker?

Zunächst kann die Musik furchtbar schlecht vorgetragen worden sein. Schief, schrill, Katzenkiller. Und keine Sorge, nicht nur mit Dudelsäcken kann man Marktvolk vergraulen, das geht sicherlich auch mit vielen anderen Instrumenten.

Weiterhin gibt es viele Lieder, die in der Mittelalterszene sehr bekannt sind – wie die bereits genannten. Jede zweite Mittelalter-Band hat sie schon aufgenommen und beinahe ausnahmslos jeder Marktumzug wird von diesen Liedern angeführt – irgendwann kann sie einfach niemand mehr hören, zumindest nicht in ihrer Standardversion ohne spektakuläre Eigeninterpretation.

Am besten funktioniert diese Marktfolter übrigens, wenn das Instrument nicht vernünftig gestimmt ist – noch die beste Spielweise wird dadurch hinfällig. Außerdem ist sicherlich jeder Marktteilnehmer begeistert, wenn gruselige Musik erklingt und dabei auch noch furchtbar laut ist – Frei nach dem Motto ‚Marktsack am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen‘ (und Lagernachbarn!).

Als Spielmann habe ich das alles durchgemacht – angefangen zu spielen, laut und schrill, mich daraufhin gewundert, dass es nicht ankam und – natürlich – nochmal gespielt. Heute bin ich ein klein wenig weiser, wenn auch noch nicht weise. Ich bin außerdem ein Fan von jedem, der ein Instrument in die Hand nimmt und loslegt – daher möchte ich mit meinen Tipps dazu beitragen, dass es Euch zum einen besser geht und der Markt von weiteren Hampelmännern wie mir zu Anfangszeiten verschont bleibt.

Stimmung mit gestimmten Instrumenten

Stimmt Eure Instrumente bitte! Ich möchte keinesfalls behaupten, dass meine Instrument immer perfekt gestimmt und die Musik im Takt ist – aber die gute Absicht, die Nachbarschaft glücklich zu machen, wirkt oft schon Wunder (dann wird der ein oder andere Patzer auch verziehen). Wenn Ihr Euch ein paar Minuten Zeit nehmt, Euch gut auf Eure Musik vorzubereiten – auch wenn es nur ein wenig Geplänkel im Lager ist – könnt Ihr Euch sicher sein, dass der Jubel in Massen folgen wird (sofern Ihr nicht alle anderen Punkte von oben ignoriert).

Es gibt leise Instrumente

Ja, wirklich! Ich spiele im Lager zum Beispiel fast nur noch meinen Kammerdudelsack (für Kenner: Ein Hümmelchen in ‚a‘), der so leise ist, dass meine Lagergefährten auf dem Mittelaltermarkt nebenbei entspannt miteinander plaudern können. Ich bin sicher, viele Instrumente gibt es auch in leiserer Version – packt die Krachmacher dann aus, wenn im Zelt nebenan niemand schläft oder es gerade keinen Interessiert, dass Ihr Krach macht – die Nachbarn werden es Euch danken!

Fazit zur Meidung von Folter auf dem Mittelaltermarkt

Es ist recht einfach. Spielt gestimmte Instrumente, in der Lautstärke, die zum Umfeld passt und seid kreativ, wenn es um Eure Musik geht. Dann sind Eure Nachbarn auf dem nächsten Mittelaltermarkt begeistert und freuen sich, einen Musikus nebenan zu haben (ja, das funktioniert wirklich!). Ich saß letztes Jahr auf einem Markt in einer Session mit zwei Kollegen, als sich jemand zu mir setzte und begeistert war, dass Dudelsäcke sich ja sogar schön anhören können – der Sack war leise und gestimmt – so einfach war es!

Für alle Nachbarn, die unbelehrbar erscheinen: Wenn die dummen Sprüche nicht aufhören, schnappt Euch das nächstgelegene Rufhorn und startet den morgendlichen Stimmtest in seinem oder ihrem Zelt… stellt aber sicher, dass Ihr einen Sündenbock für Eure musikalische Einlage habt – Ihr wollt ja auf keinen Fall, dass das Ganze auf Euch als Musiker zurückfällt! In diesem Sinne, macht Musik, Tag und Nacht, nur denkt an die anderen, damit es jedem Freude macht.

Und nun: Jubel für den Musikus!

Vielen Dank an dieser Stelle an Roxinom für den Gastbeitrag und diese Einblicke in die Welt des Musikus.