Versandkostenfrei mit GLS ab 50 € in DE
Sofort lieferbar - Sofort verschickt

Die Geschichte der Ringpanzerung (Kettenhemd)

Der Ringpanzer (Kettenhemd) wurde über viele Jahrhunderte in unterschiedlichen Variationen getragen. Selbst als sich Plattenpanzer-Vollrüstungen entwickelten, verschwanden sie nicht vollständig von der Bildfläche. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick in die Geschichte des Ringpanzers.

Bevor es losgeht, ein kleiner Hinweis zur Begrifflichkeit: Der Begriff “Kettenhemd” ist eine modernde Wortschöpfung und umfasst im wesentlichen lediglich die Rüstungsteile Hauberk und Haubergeon, also wirklich nur Oberteile aus Kettengeflecht. Fachlich korrekter ist der Begriff Ringpanzer, vor allem wenn nicht definiert ist, ob es sich um eine Haube, einen Bischofskragen oder einen Kettenrock handelt. Wir verwenden den Begriff Kettenhemd trotzdem hin und wieder, wenn es passt.

Der Ursprung der Ringpanzerung

Woher der Kettenpanzer ursprünglich kommt, lässt sich nicht genau sagen. Die ältesten Funde stammen aus der La-Tène-Zeit und wurden auf das 4. Jahrhundert vor Christus datiert. Zum einen handelt es sich um eine Grabbeigabe im heutigen Rumänien sowie um einen Moorfund im heutigen Dänemark. Bei letzterem wird angenommen, dass der Ringpanzer ein Kriegsbeuteopfer darstellt, sodass der Fundort nicht dem Herstellungsort entspricht.

Interessant ist zudem ein keltischer Fund aus der Region Bern: Das Kettenhemd von der Tiefenau, das auf etwa 50 v. Chr. datiert wird. Es ist einer der wenigen Ringpanzer-Funde in Europa, bei dem ein 6-in-1-Muster verwendet wurde. Zudem sind die Ringe lediglich zusammengebogen, also nicht vernietet oder gestanzt. Auch eine Lötung konnte weder vor noch nach der Restauration des stark korrodierten Fragments festgestellt werden.  Eines der Fragmente befindet sich im Bernischen Historischen Museum und kann dort begutachtet werden.

Die Kettenpanzerung der Römer

Im 3. Jahrhundert vor Christus übernahmen die Römer diese Rüstungsform und nannten sie fortan Lorica Hamata. Der Dichter Cajus Silius beschreibt in seinem Epos „Punica“ den an Hannibal als Geschenk überreichten Ringpanzer wie folgt:

„Dann noch ein Panzergeflecht dreidrahtig geringelten Goldes,

Undurchdringlich, bewahren den Leib vor Geschossen,

Alles, von Erz und gehärtetem Stahl und mit Golde des Tagus

Reichlich verbunden, beschaut der Sidonier, leuchtendes Blickes

Mustert er jedes, erfreut von des Heimatreiches Errichtung“

Das Kettengeflecht gilt laut Polybius als Standardausrüstung der römischen Zenturionen. Es gab zwar auch Leder- und Plattenrüstungen in der Römischen Armee, doch am beliebtesten war das Kettenhemd. Sowohl bei den Kelten als auch bei den Römern wurde das Kettenhemd oberschenkellang getragen. Ab dem 2. Jahrhundert nach Christus reichten sie kurzzeitig bis zur Hüfte und hatten kurze Ärmel. Dieser Trend hielt allerdings nicht lange an. Ein Jahrhundert später trug man sie knielang und langärmlig.

Römische Kettenhemden weisen oftmals gestanzte, vernietete oder geschweißte Ringe auf, nicht selten in Kombination.  Verwendet wurde die 4-in-1-Technik. Vermutlich benötigten die römischen Krieger kein dichteres Geflecht, da sie ihre Kettenhemden durch die Verschlusstechniken (vernieten, schweißen und stanzen) bereits enorm verstärkten.

Beim römischen Geflecht weisen die Ringe mit 6 mm einen vergleichsweise kleinen Innendurchmesser (ID) auf. Dies führt zum einen dazu, dass das Geflecht kleinmaschiger und damit stabiler wird. Zum anderen wird bei den kleineren Ringen ein dünnerer Draht verwendet, wodurch der Ringpanzer bis zu 30 % leichter ist als Kettengeflecht mit 8 mm ID Ringen.

Kettenpanzerung im Mittelalter

Kettenpanzerung hatte enorme Vorteile: Sie war flexibel, relativ leicht und es bedarf wesentlich weniger Metall als beispielsweise für eine Plattenrüstung. Allerdings erweist sich auch die Herstellung als langwieriger. Zudem schützte das Geflecht vorwiegend gegen Schnittverletzungen, weniger gegen Hiebe und Stiche. Um harte Schläge abzufedern, trugen Krieger unter dem Kettenhemd daher ein gepolstertes Untergewand. Neben dem Schutz vor Knochenbrüchen hatte diese zusätzliche Polsterung den Effekt, dass sich gebrochene Ringe nicht in die Haut bohrten. Zur Abwehr von Pfeilen und Bolzen eignete sich ein Kettenhemd samt Polsterung allerdings nicht, was einer der Gründe für den Siegeszug des Plattenpanzers ab dem 14. Jahrhundert ist.

Verarbeitet wurden in Europa Ringe mit einem Durchmesser zwischen vier und 14 mm, vornehmlich mit dem 4-in-1-Muster. Zwar ist ein Geflecht aus kleinen Ringen engmaschiger, was die Schutzwirkung erhöht. Allerdings gestaltet sich die Herstellung einer Panzerung mit kleinen Ringen langwieriger, da mehr Ringe benötigt werden. Eine Übersicht über gängige Ringarten (Durchmesser, Verschluss, Material) findet ihr in unserem Blogbeitrag zum Thema Kettenhemd-Ringe.

Das Handwerk der Sarwürker

Für die Herstellung von Kettenpanzern waren im Mittelalter die sogenannten Sarwürker zuständig. Der Begriff kommt aus dem Mittelhochdeutschen: sar heißt so viel wie Kriegsrüstung und wührte bedeutet Verfertiger. Sarwürker waren folglich Eisenschmiede, die sich auf das Fertigen von Kriegsrüstung spezialisierten. Ebenso wie die Plattner, die sich dem Fertigen von Plattenrüstung widmeten, organisierten sich die Sarwürker in Zünften.

Es gibt sehr schöne Darstellungen vom Sarwürker-Handwerk, beispielweise in den Hausbüchern der Nürnberger Zwölfbrüderstiftungen oder der Handschrift De mulieribus claris (British Library Royal 16 G V, fol. 11) aus dem frühen 15. Jahrhundert. Letzteres spiegelt zwar nicht den typischen Handwerker-Kontext wider, zeigt aber recht anschaulich, dass der Sarwürker mit lediglich einer Zange knüpfen konnte.