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Karneval, Fastnacht und Fasching

Karneval hat in Deutschland eine lange Tradition. Demzufolge ist es nicht wunderlich, dass es in der Bundesrepublik viele Karnevals- und Faschingshochburgen mit ihren eigenen Traditionen und Geschichten gibt. Einige dieser Karnevalsbräuche haben ihren Ursprung sogar im Mittelalter. Im folgenden Artikel werden wir uns mit verschiedenen mittelalterlichen Faschingsbräuchen auseinandersetzen, die bis heute teilweise noch gefeiert werden. Darüber hinaus werden wir die Wurzeln des Festes erforschen und seine soziale und politische Bedeutung in der mittelalterlichen Gesellschaft betrachten.

Die Ursprünge des Karnevals

Der Karneval, die Fasnacht oder der Fasching sind eine jährlich wiederkehrende Feier, die in vielen Kulturkreisen und Ländern weltweit gefeiert wird. Sie beschreiben heute dasselbe Ereignis: das gemeinsame Feiern und Verkleiden vor dem Aschermittwoch. Die Ursprünge dieser Feierlichkeiten werden oft in dem alten römischen Jahresbeginn in Verbindung gebracht. Früher begann das Jahr nämlich im März statt im Januar. Aber der Ursprung des Karnevals, wie wir ihn heute kennen, geht auf das Christentum zurück.

Der erste schriftliche Nachweis über Fasching findet sich in Wolfram von Eschenbachs Artusroman Parzival, der um das Jahr 1206 geschrieben wurde. Der Roman handelt von dem Artusritter Gawein der zu selbstsicher eine Königin umwarb und nun mit seiner Angebeteten vor dem zornigen grauen Ritter flüchten muss. Im Roman kommen neben zahlreichen seltsamen Figuren und historischen Gestalten auch die “Kauffrauen zu Tollenstein” vor, die einen klaren Bezug zu Fasching herstellen.

Wolfram von Eschenbach gibt uns leider keine weiteren Informationen über die skurrilen Bräuche der Frauen in Tollenstein. In der Forschung wird jedoch angenommen, dass es sich hierbei um eine Anspielung auf ein Fest handelt, bei dem die Frauen zu Tollenstein in einem spielerischen Wettkampf die sogenannte “Minnenburg” verteidigen. Seine Leser waren offensichtlich mit diesem Fest vertraut und verstanden daher den Vergleich. Die Gemeinde Tollenstein kann deshalb stolz als die “Wiege des deutschen Karnevals” bezeichnet werden.

Welche Bedeutung hatte der Karneval im Mittelalter?

Fasching hatte im Mittelalter eine besondere Bedeutung und war ein wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens. Die Bedeutung des Karnevals im Mittelalter kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es war eine Zeit, in der die gewöhnlichen Regeln und Hierarchien aufgehoben waren und das Volk für eine begrenzte Zeit die Kontrolle über die Stadt oder das Dorf übernahm. Die Feierlichkeiten waren geprägt von Masken, Verkleidungen, Umzügen, Spielen und Tänzen. Der Fasching hatte eine große Verbreitung auf dem europäischen Kontinent und fand in vielen Städten und Dörfern statt. Dabei konnten sich die Bräuche und Traditionen jedoch stark unterscheiden. In manchen Regionen war der Fasching eher eine fröhliche Feier, während er in anderen Regionen politische und gesellschaftliche Kritik äußerte.

So wurde in Nürnberg bereits ab der Mitte des 15. Jahrhunderts der sogenannte “Schembartlauf” gefeiert. Dieses historische Ereignis wurde erstmals im Jahr 1449 schriftlich dokumentiert. Der Name des Festes stammt von dem mittelhochdeutschen Wort “Scheme” (Schatten, Maske) ab und bedeutet ungefähr “die bärtige Maske”. Es wird erzählt, dass der Schembartlauf aus einem Handwerkeraufstand entstanden ist. Bei diesem sollen die Nürnberger Metzger und Handwerker auf der Seite des Nürnberger Rates gestanden haben. Als Belohnung durften sie an Fastnacht einen Tanz mit Gesichtsmasken aufführen. Die Teilnehmer des Schembartlaufs sollten ursprünglich den Metzgertanz begleiten. Im Laufe der Jahre haben sich die Schembartläufer jedoch verselbständigt und zogen immer provokativer durch die Straßen Nürnbergs und verhöhnten mit teils frivolen Strophen. Während zu Beginn nur Nürnbergs Metzger zugelassen waren, haben sich mit der Zeit auch immer mehr reiche Nürnberger das Recht zur Teilnahme am Fasching erkauft.

Karnevale im Mittelalter – Rügerecht und Narrenbücher

Im Mittelalter fanden während des Faschings zahlreiche Bräuche statt, welche die Menschen aus ihrem Alltag entführten und ihnen erlaubten, sich in eine andere Welt zu begeben. Diese Bräuche und Rituale hatten einen tiefen symbolischen Charakter und wurden in der Mehrheit der Fälle im Fasching als Ventil für politische und gesellschaftliche Kritik genutzt.

1. Verkleidungen und Masken

Menschen nutzen im Fasching die Gelegenheit, um ihre Identität zu verbergen und als jemand anderes aufzutreten. Die Masken ermöglichten es ihnen, die Hierarchien und Regeln des Alltags zu ignorieren und sich frei und unbeschwert zu fühlen. Darüber hinaus wurde in vielen Städten den maskierten Narren das sogenannte “Rügerecht” zugesprochen. Auf diese Weise konnten die Karnevalisten auf eine sarkastische und spaßige Art und Weise auf Missstände innerhalb ihrer Gemeinde aufmerksam machen.

2. Umzüge und Prozessionen

Ein weiteres Highlight des Mittelalter-Karnevals waren die Umzüge und Prozessionen, bei denen die Menschen durch die Straßen zogen und feierten. Diese Veranstaltungen waren oft von Musik, Tanzen und Spielen geprägt und dienten als Gelegenheit für das Volk, sich zu versammeln und gemeinsam zu feiern.

3. Bräuche

Während an manchen Orten während des Karnevals Narrengerichte das Sagen hatten und urteilten, gab es an anderen Orten die sogenannten “Narrenbücher”. Diese Bücher dienten dazu, peinliche Missgeschicke und unangemessenes Verhalten der Gemeindemitglieder während des gesamten Jahres festzuhalten. Während des Karnevals lasen die Narren dann diese Verfehlungen vor einer großen Menschenversammlung öffentlich vor, was zur Belustigung aller Anwesenden führte und demjenigen, dessen Verhalten in den Narrenbüchern vermerkt war, Spott einbrachte. Allerdings missfiel dieser Brauch einigen städtischen Magistraten. So wurden die Narrenbücher beispielsweise im Jahr 1431 in Basel verboten. Auch in Bern verfügten die städtischen Magistrate im Jahr 1480 ein Narrenbuch-Verbot.

4. Essen und Trinken

Die Karnevalisten nutzten die Gelegenheit, um sich an opulenten Mahlzeiten und köstlichen Getränken zu erfreuen. Faschingsveranstaltungen waren oft von üppigen Festen und exzessivem Alkoholkonsum geprägt und dienten als Ventil für die Leidenschaften und Bedürfnisse der Bevölkerung.

Am Fasching übernahmen die Narren die Kirchen

Im Mittelalter war der Fasching eine Zeit, in der durch die Narrengedichte und das Rügerecht der Narren die Regeln des Alltags für eine bestimmte Zeit aufgehoben waren und das Volk frei war, um zu feiern und zu tanzen. Es war eine Zeit, in der alles möglich schien und in der die Menschen ihre Sorgen vergessen konnten. Eine außergewöhnliche Tradition der Karnevalszeit im Mittelalter, waren die sogenannten “Narrenmessen”, in deren Rahmen die Übernahme der Kirchen durch die Narren stattfand.

Im Rahmen dieser Narrenmessen wurde der Text der heiligen Messe so umgeformt und verfremdet, dass er sich fast nur aus Witzen und Frivolitäten zusammensetzte. Die ersten Hinweise auf diesen Brauch kommen bereits aus dem 13. Jahrhundert. Im späten Mittelalter verbreitete sich die Gepflogenheit dann rasant über den gesamten Kontinent. Diese Übernahme der Kirchen war auch eine Art symbolischer Akt, der die Machtverhältnisse im Mittelalter auf den Kopf stellte. Während des restlichen Jahres hatten die Priester die Kontrolle über die Kirchen und das Volk, aber während des Karnevals übernahmen die Narren die Kontrolle und lachten über die traditionellen Hierarchien.

Eine einzigartige Art von Narrenfesten waren die sogenannten “Eselsmessen”, bei denen reguläre Messfeiern durch Parodien mit frivol angehauchten Inhalten aufgepeppt wurden. Dabei traten viele Teilnehmer in Tierkostümen auf. Eines der bekanntesten Lieder dieser Eselsmessen war “das Loblied auf den Esel”, der im Alten Testament als Reittier für den Propheten Bileam diente.