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Kinder im Mittelalter

Das Leben der Kinder im Mittelalter lässt sich nicht pauschal beschreiben, da es von vielen verschiedenen Faktoren bestimmt wurde. Dazu gehören die Herkunft, gesellschaftliche Stellung der Familie, der Wohnort und das Geschlecht. Generell hatten die Kinder von reichen Bürgerfamilien und Aristokraten ein besseres Leben als Kinder von armen Bauern. Dazu war die Kindersterblichkeit sehr hoch, außerdem grassierten während dieser Epoche viele fatale Krankheiten.

Die Wahrnehmung der Kinder im Mittelalter

Kinder im Mittelalter wurden sehr ambivalent wahrgenommen. Einerseits war der Nachwuchs ein positiver Faktor im Leben der Eltern und eine Quelle des Glücks. Mittelalterliche Bürger wurden von der Kirche dazu ermahnt eine christliche Lebensweise zu führen, sich zu verheiraten und viele Kinder zu zeugen. Andererseits nahm die Religion Kinder auch negativ wahr, da diese aus den fleischlichen Gelüsten des Körpers entstammten, die angeblich der Teufel initiiert hat. Wer sich im Mittelalter für ein gottgeweihtes und reines Leben entschied, der verzichtete auf eine Familie und ging als Mönch oder Nonne ins Kloster.

Stellenwert der Kinder in der mittelalterlichen Gesellschaft

Die Kindheit galt als eine unschuldige Lebensphase, da die Kinder weder sexuelle Lust noch die Bedeutung des Todes kannten. Zudem waren ihnen Betrügereien, Bigotterie, Heuchelei und Lügen fremd. Basierend auf diesen Erkenntnissen entstand der Brauch, dass Kinder bei religiösen Prozessionen an der Spitze der Festzüge entlang gingen. So galten Kinder im Mittelalter als gottgegebenes Geschenk und weniger als das Eigentum der Eltern.

Bauern benötigten viele Arbeitskräfte und bekamen deshalb zahlreiche Kinder. Für Adlige und reiche Bürger war es aus politischen Gründen extrem wichtig, einen männlichen Erben zu zeugen. Nur so ließ sich der Fortbestand der Dynastie sicherstellen. Aufgrund der hohen Kindersterblichkeit, musste ein steter Nachschub beim Nachwuchs erfolgen, da meistens weniger als die Hälfte der Kinder in einer Familie überlebte.

Die Schulbildung der Kinder im Mittelalter war ebenfalls vom gesellschaftlichen Stand abhängig. Für den Nachwuchs von reichen Leuten fand ein privater Unterricht zu Hause statt. In der Stadt besuchten Jungen und Mädchen gemeinsam eine Grundschule, um Lesen und Schreiben zu lernen. Auf dem Land gab es oft gar keinen Unterricht.

Der Umgang mit Kindern im Mittelalter

Im Gegensatz zu heute wurden Kinder im Mittelalter relativ lange gestillt, durchschnittlich mindestens zwei Jahre. Auf diese Weise war die Ernährung sichergestellt, die lange Stillzeit diente vermutlich auch der Empfängnisverhütung. Frauen aus dem Adel haben ihre Kinder sehr oft einer Amme anvertraut, um wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Dadurch konnten sie auch wieder schneller schwanger werden, um endlich den männlichen Nachfolger zu gebären, wenn es bisher nur Mädchen waren.

Falls die Eltern als unfreie Bauern lebten, mussten die Kinder schon sehr früh als Mägde und Knechte ihren Dienst leisten. Wer nicht gehorchen wollte, wurde meistens mit Schlägen bestraft. Generell war körperliche Gewalt ein gängiges Mittel, welches bei der Erziehung der Kinder im Mittelalter zum Einsatz kommen konnte. Da die Kinder es nicht anders kannten, haben sie dieses Verhalten wahrscheinlich als normal empfunden.

Dass die Erziehung mit der Rute gängige Praxis war, davon zeugen etliche literarische Werke. So verkündet Berthold von Regensburg in seinen “Predigen” von 1240: “Von der Zeit an, wenn das Kind die ersten bösen Worte spricht, sollt ihr ein kleines Rütlein bereithalten, das jederzeit an der Decke oder in der Wand steckt; und wenn es eine Unart oder ein böses Wort sagt, sollt ihr ihm einen Streich auf die bloße Haut geben. Ihr sollt es aber nicht mit der Hand an den bloßen Kopf schlagen, sonst könntet ihr es zu einem Toren machen; nur ein kleines Reislein, das fürchtet es und wird wohl erzogen. Tut ihr das nicht, so werdet ihr Schlechtes an ihnen erleben…”.

Dennoch war es auch schon im Mittelalter bekannt, dass ein Kind ohne Zuwendungen verkümmert, spätestens seit den Experimenten Kaiser Friedrichs II im 13. Jahrhundert. Er befahl Ammen, Kleinkinder nicht zu liebkosen und nicht mit ihnen zu sprechen, um herauszufinden, welche Sprache sie dann sprechen würden. Aber alle Kinder starben.

Kinder im Mittelalter und ihre Rechte

In der Gesellschaft des Mittelalters gab es eine Anordnung der Bürger in unterschiedliche Altersgruppen, insgesamt waren es sieben verschiedene Stufen. Dabei verlief die erste Stufe der Kindheit bloß bis zum dritten Lebensjahr. Im Anschluss folgt bereits die Jugend als zweite Stufe, die schon mit dem Erreichen des 14. Lebensjahres als abgeschlossen galt. Diese strikten Vorstellungen übten einen großen Einfluss auf das Alltagsleben vieler Kinder aus. Kinderarbeit und eine extrem frühe berufliche Ausbildung waren an der Tagesordnung, um zum wirtschaftlichen Überleben der ganzen Familie beizutragen.

Spätestens ab dem sechsten Lebensjahr mussten die meisten Kinder im Mittelalter arbeiten, ob sie wollten oder nicht. Davon waren vor allem die Kinder aus den unteren sozialen Schichten betroffen, sowohl auf dem Land als auch in der Stadt. Neben der Landwirtschaft waren Kinder im Bergbau, als Dienstboten und im Handwerk tätig. Oft wurden sie für Arbeiten eingesetzt, für die eine geringe Körpergröße von Vorteil war.

Spiele für Kinder im Mittelalter

Selbstverständlich kannten die Kinder im Mittelalter nicht nur Arbeit, sondern auch das Spielen. Jedoch war der soziale Status der Eltern entscheidend für die Möglichkeiten, wie Kinder ihren Spieltrieb ausleben durften. Abhängig von der jeweiligen Schicht stand dem Nachwuchs auch komplett anderes Spielzeug zur Verfügung. Standardmäßig gehörten dazu Kreisel, Puppen, Murmeln sowie Tierfiguren aus Holz und Ton. Wenn die Familie zur reichen Oberschicht zählte, bekamen die Kinder bemalte Vögel aus Keramik und Schaukelpferde, aber auch Musikinstrumente wie Flöte, Tamburin und Trommel.

Genauso wie heutzutage spielten Kinder im Mittelalter viel im Sand und der Erde, um daraus Häuser, Mauern und Türme zu bauen. Sehr beliebt waren Spiele, um die Geschicklichkeit und Kraft zu fördern, wie Kopfstehen und Radschlagen. Vermutlich war das Hüpfspiel, bezeichnet als Himmel und Hölle, bereits im Mittelalter bekannt. Weiterhin gab es Fang-, Darstellungs-, Rollen-, Such- und Wurfspiele mit Kugeln, Münzen sowie Ringen. Auch Würfelspiele waren im Mittelalter sehr beliebt. Der Vorteil war, dass selbst ärmere Familien im Handumdrehen ein Paar Würfel aus Knochen oder Holz schnitzen konnten.

Den Kindern aus der armen Unterschicht blieb allerdings nach dem Arbeiten nicht viel Zeit zum Spielen. Das änderte sich auf dem Land in den Wintermonaten, wenn die Tage immer kürzer und die Temperaturen stetig kälter wurden. Dann gab es weniger Arbeit auf dem Hof, sodass der Nachwuchs mehr Zeit mit der Familie und beim Spielen verbringen konnte. Wer viele Geschwister besaß, hatte stets eine ausreichende Menge an Spielkameraden zur Auswahl.

Kleidung von mittelalterlichen Kindern

Kinderkleidung unterschied sich im Mittelalter nicht wesentlich von der Gewandung der Erwachsenen. Sie glichen sich in Schnitt, Material und Farbe und unterschieden sich lediglich in der Größe. Vergleicht man aber verschiedene Funde, wird man verschiedene Ausprägungen kindlicher Gewandung finden. Denn der Status der Familie innerhalb der Gesellschaft führte auch zu einer Differenzierung bei der Kleidung.

Kindergewandung niederer sozialer Schichten

Die Kinderbekleidung der niederen gesellschaftlichen Schichten war sehr einfach gestaltet, überwiegend stellten Mütter diese selbst aus Flachs, Leinen und Wolle her. Wichtig war ein weiter und bequemer Schnitt, der ausreichend Bewegungsfreiheit bieten konnte, damit ein ungehindertes Arbeiten möglich war. Auf diese Weise wuchsen die Kinder im Mittelalter auch oft erst mit der Zeit in ihre zu großen Kleidungsstücke hinein.

Knechte trugen schlichte Tuniken und weite Hosen. Zur Gewandung der Mägde zählte ein Unterkleid, ein Oberkleid, eine Bundhaube oder ein Tuch. Sowohl Jungs als auch Mädchen trugen Bundschuhe aus Leder sowie mitunter eine Schürze, je nach Beruf. Entgegen der landläufigen Meinung, gehörten Bauern nicht unbedingt zur niederen Schicht. Freie Bauern, die eigenes Land besaßen, konnten es zu einigem Wohlstand bringen. Dementsprechend sah die Kleidung der Kinder freier Bauern anders aus als die Kleidung der Kinder unfreier Bauern.

Gewandung der Kinder höherer sozialer Schichten

Im Frühmittelalter unterschied sich die Gewandung der sozialen Stände noch nicht signifikant. Unterschiede wurden eher in prunkvollem Schmuck und Accessoires wie Zierwaffen und Zierrüstungen ersichtlich. Erst ab dem Hochmittelalter begann der Adel opulente Schnitte zu bevorzugen, die sich ein weniger betuchter Mensch nicht leisten konnte, da allein die Menge an Textil zu viel gekostet hätte. Dazu waren die Kleidungsstücke der höheren Stände reich verziert und – angeregt durch den florierenden Handel – aus kostbaren Materialien gearbeitet. Die Kleidung der Kinder stand dabei in Prunk mitunter dem der Erwachsenen in nichts nach.

Edle Tuniken, elegante Röcke, eng anliegende Beinkleider, höfische Kleider und lange Mäntel gehörten zu den Kleidungsstücken der Aristokraten sowie reichen Bürger. Außerdem verzierte die Oberschicht ihre Garderobe mit feinen Stickereien und Borten. Dagegen verfügte die Mehrheit der Bevölkerung nicht über die finanziellen Mittel, um die Kleidung zu schmücken. Oft wurde die Garderobe von einem Kind auf das andere vererbt und nur notdürftig zusammengeflickt.